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Elektrifizierung der Industrie: Der Weg zur Dekarbonisierung der Prozesswärme

17. Oktober 2024 von Jürgen Ritzek
Elektrifizierung der Industrie: Der Weg zur Dekarbonisierung der Prozesswärme

Zusammenfassung

Die Agora-Industriestudie zeigt, dass die Direktelektrifizierung bis 2035 90 % des ungedeckten Energiebedarfs in der europäischen Industrie decken könnte, wodurch die CO2-Emissionen erheblich gesenkt und die EU-Klimaziele erreicht werden könnten. Derzeit entfallen 47 % des industriellen Energieverbrauchs und der Großteil der CO2-Emissionen des Sektors auf die industrielle Prozesswärme, die größtenteils mit fossilen Brennstoffen betrieben wird. Die direkte Elektrifizierung, bei der Technologien wie Elektrokessel, Wärmepumpen, Widerstands- und Induktionserwärmung, Plasmabrenner, elektrische Lichtbogenöfen und neue Innovationen zum Einsatz kommen, könnte eine Reihe von Temperaturen abdecken, die für verschiedene Prozesse benötigt werden.

 

Die Studie untersucht sektorspezifische Möglichkeiten und hebt das Potenzial im Eisen- und Stahlsektor mit elektrischen Lichtbogenöfen und in der chemischen Industrie durch elektrifizierte Dampferzeugung hervor. Weitere Potenziale liegen in den Bereichen Nichteisenmetalle, nichtmetallische Mineralien, Lebensmittel, Getränke, Tabak sowie in der Papier- und Zellstoffindustrie.

 

Zu den Hindernissen für die Einführung gehören technische Herausforderungen für bestimmte Hochtemperaturprozesse, wirtschaftliche Hürden aufgrund der Stromkosten und organisatorische Hindernisse wie eine unzureichende elektrische Infrastruktur.

 

Die Überwindung dieser Hindernisse würde einen unterstützenden wirtschaftlichen Rahmen erfordern, der Kohlenstoffpreise, Investitionen in die Infrastruktur, Technologieentwicklung, die Förderung einer frühzeitigen Einführung und die Beseitigung politischer Unsicherheiten umfasst.

 

Obwohl Wasserstoff als wertvolle Ergänzung anerkannt wird, betont die Studie die Priorität der direkten Elektrifizierung, wo dies möglich ist. Um eine signifikante Dekarbonisierung in der europäischen Industrie zu erreichen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von politischen Entscheidungsträgern, Branchenführern und Technologen.

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Elektrifizierung der Industrie: Der Weg zur Dekarbonisierung der Prozesswärme

Während die Welt um die Dekarbonisierung ringt, wird die industrielle Prozesswärme zu einer kritischen Grenze. Eine neue Studie von Agora Industry zeigt, dass Technologien zur Direktelektrifizierung bis 2035 potenziell 90 % des noch nicht elektrifizierten Energiebedarfs der europäischen Industrie decken könnten. Diese Erkenntnis weist auf eine transformative Chance hin, die Kohlenstoffemissionen zu senken, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Fortschritte bei der Erreichung der EU-Klimaziele zu beschleunigen.

 

Die aktuelle Landschaft

 

Auf die Prozesswärme entfallen heute schwindelerregende 47 % des industriellen Energiebedarfs und etwa drei Viertel der CO2-Emissionen des Sektors. Fossile Brennstoffe, insbesondere Erdgas (35 %) und Kohle (27 %), dominieren den Energiemix für Prozesswärme. Elektrizität spielt mit nur 4 % derzeit eine minimale Rolle. Diese starke Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für die Dekarbonisierungsbemühungen dar.

 

Das Versprechen der Direktelektrifizierung

 

Bei der Direktelektrifizierung wird Elektrizität unmittelbar und ohne Zwischenschritte zur Wärmeerzeugung genutzt. Die Studie identifiziert mehrere Schlüsseltechnologien, die diesen Übergang vorantreiben könnten:

 

1. Elektrische Heizkessel und Wärmepumpen für niedrige bis mittlere Temperaturen

2. Widerstandsheizung für eine breite Palette von Anwendungen

3. Induktionserwärmung für die Metallverarbeitung

4. Plasmabrenner für Hochtemperaturprozesse

5. Elektrolichtbogenöfen für die Stahlerzeugung

6. Aufstrebende Technologien wie die Stoßwellenerwärmung

 

Diese Technologien bieten zusammen das Potenzial, Temperaturen von unter 100°C bis über 1500°C abzudecken und damit den unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Industrieprozesse gerecht zu werden.

 

Branchenspezifische Möglichkeiten

 

In der Studie wird das Elektrifizierungspotenzial in den wichtigsten Industriesektoren untersucht:

 

Eisen und Stahl: Während bei der primären Stahlerzeugung noch Herausforderungen bestehen, bieten Elektrolichtbogenöfen für die sekundäre Stahlerzeugung und die potenzielle Elektrifizierung von Wiederaufwärmprozessen erhebliche Chancen.

 

Chemie: Elektrifiziertes Dampfkracken und Dampferzeugung bieten ein erhebliches Potenzial, wobei Wärmepumpen bei geeigneten Temperaturen beträchtliche Effizienzsteigerungen ermöglichen.

 

Nichteisenmetalle: Der verbleibende Einsatz fossiler Brennstoffe in diesem Sektor, der bereits stark elektrifiziert ist, könnte weitgehend durch elektrische Heiztechnologien ersetzt werden.

 

Nicht-metallische Mineralien: Hochtemperaturprozesse wie die Zementklinkerherstellung stellen eine Herausforderung dar, aber neue Technologien wie Plasma- und Stoßwellenerwärmung sind vielversprechend.

 

Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren: Niedertemperaturprozesse in diesem Sektor eignen sich hervorragend für die Elektrifizierung durch Wärmepumpen und Elektrokessel.

 

Papier und Zellstoff: Die Dampferzeugung, ein großer Energieverbraucher in dieser Branche, kann mit bestehenden Technologien effektiv elektrifiziert werden.

 

Überwindung von Hindernissen für die Einführung

 

Trotz des immensen Potenzials gibt es derzeit mehrere Hindernisse, die einer breiten Einführung der Direktelektrifizierung entgegenstehen:

 

Technische Herausforderungen: Während viele Anwendungen bereits elektrifiziert werden können, erfordern einige Hochtemperatur- und Hochkapazitätsprozesse noch weitere technologische Entwicklungen.

 

Wirtschaftliche Hürden: Das derzeitige Preisgefälle zwischen Strom und Erdgas macht die Elektrifizierung ohne zusätzliche Anreize oder CO2-Bepreisung oft wirtschaftlich unattraktiv.

 

Organisatorische Hürden: Eine unzureichende elektrische Infrastruktur, die Notwendigkeit, bestehende Produktionsprozesse zu ändern, und die Ungewissheit über künftige Energiepreise und -politiken tragen dazu bei, dass neue Technologien nur zögernd angenommen werden.

 

Der Weg nach vorn

 

Um den Übergang zu elektrifizierter Prozesswärme zu beschleunigen, schlägt die Studie mehrere Schlüsselmaßnahmen vor:

 

  • Schaffung eines unterstützenden wirtschaftlichen Rahmens: Politische Maßnahmen, die Elektrizität gegenüber Erdgas wettbewerbsfähiger machen, wie z. B. Kohlenstoffpreise oder gezielte Subventionen, sind von entscheidender Bedeutung.
  • In die Infrastruktur investieren: Die Modernisierung der Stromnetze und der Anschlüsse vor Ort ist für die Deckung des steigenden Strombedarfs unerlässlich.
  • Unterstützung der Technologieentwicklung: Kontinuierliche Forschung und Entwicklung, insbesondere für Hochtemperaturanwendungen, können helfen, verbleibende technische Hindernisse zu überwinden.
  • Förderung der frühzeitigen Einführung: Die Unterstützung von Pilotprojekten und Teilelektrifizierung kann das Lernen erleichtern und Vertrauen in neue Technologien schaffen.
  • Unsicherheiten beseitigen: Eine klare Kommunikation über die künftige Energiepolitik, die Verfügbarkeit von Wasserstoff und die Netzentwicklung kann Unternehmen helfen, fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen.
  • Förderung des Wissensaustauschs: Es ist von entscheidender Bedeutung, das Bewusstsein für verfügbare und neue Elektrifizierungslösungen in allen Branchen zu schärfen.

 

Die Rolle des Wasserstoffs

 

Während die direkte Elektrifizierung vielversprechend ist, erkennt die Studie an, dass Wasserstoff wahrscheinlich eine ergänzende Rolle bei der Dekarbonisierung der Industrie spielen wird. Wasserstoff kann vor allem für Anwendungen von Bedeutung sein, bei denen eine direkte Elektrifizierung schwierig ist, wie etwa bei bestimmten chemischen Prozessen oder als Reduktionsmittel in der Stahlerzeugung. Die Studie unterstreicht jedoch, dass die direkte Elektrifizierung oft eine höhere Effizienz bietet und dort, wo es möglich ist, bevorzugt werden sollte.

 

Schlussfolgerung

 

Der Übergang zu elektrifizierter Prozesswärme stellt für die europäische Industrie eine enorme Chance dar, ihren Kohlenstoff-Fußabdruck drastisch zu reduzieren und gleichzeitig die Energieeffizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Mit 62 % des industriellen Brennstoffbedarfs, der mit den heute verfügbaren Technologien potenziell durch direkte Elektrifizierung ersetzt werden kann, und einem weiteren Potenzial, das bis 2035 erschlossen wird, wird der Weg zu einem dekarbonisierten Industriesektor immer deutlicher.

 

Die Verwirklichung dieses Potenzials erfordert jedoch konzertierte Anstrengungen von politischen Entscheidungsträgern, Branchenführern und Technologieentwicklern. Durch die Beseitigung wirtschaftlicher Hindernisse, die Unterstützung der Infrastrukturentwicklung und die Förderung von Innovationen kann sich Europa an der Spitze des globalen Übergangs zu einer sauberen Industrie positionieren. Während sich die Welt mit der dringenden Notwendigkeit auseinandersetzt, den Klimawandel zu bekämpfen, erweist sich die Elektrifizierung der industriellen Prozesswärme als eine leistungsstarke und zunehmend realisierbare Lösung für einen der schwierigsten Aspekte der Dekarbonisierung.

 

Quelle: https://www.agora-industry.org/fileadmin/Projects/2023/2023-20_IND_Electrification_Industrial_Heat/A-IND_329_04_Electrification_Industrial_Heat_WEB.pdf

 


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